F.W.J. Schelling »Über das Wesen der menschlichen Freiheit«Schellings »Freiheitsschrift« von 1809 gehört zu den faszinierendsten Texten der Philosophiegeschichte. In ihr werden das Wesen der Freiheit und das damit einhergehende Problem des Bösen im Zusammenhang mit der Geschichte der Schöpfung behandelt. Der von uns ausgewählte Textabschnitt (Sämmtliche Werke VII, 357-364) hebt an mit der Unterscheidung zwischen der Existenz Gottes und dem Grund seiner Existenz, »den Gott in sich hat […]. Er ist die Natur – in Gott; ein von ihm zwar unabtrennliches, aber doch unterschiednes Wesen.« Wenn Gott das höchste Leben bedeutet, kann er nicht mehr als statische Substanz gefaßt werden und bedarf einer reellen Unterlage, die jedoch zu Gott selbst gehört. Aus dieser entfaltet sich stufenweise die Schöpfung durch die Scheidung des Verstandes (Ein-Bildung), während der Grund (die Sehnsucht) danach strebt, den »im Dunkel der Tiefe leuchtenden Lebensblick« verschlossen zu halten. Die fortschreitende Ausdifferenzierung, d.h. Verklärung, des Grundes kommt schließlich im Menschen zu ihrem Äußersten (»In ihm ist der tiefste Abgrund und der höchste Himmel.«), womit auch der Gegensatz zwischen Verstand und Sehnsucht am schärfsten hervortritt. Doch anders als in Gott ist die Einheit der Prinzipien im Menschen nicht unauflöslich, sondern zertrennlich – »und dieses ist die Möglichkeit des Guten und des Bösen«. Günstige Leseausgabe: 19. Dezember 2005, 14:33 von der Redaktion |